In der unmittelbaren Nachkriegszeit spielte der Existentialismus in der
intellektuellen Öffentlichkeit Frankreichs eine einzigartige dominante
Rolle. Doch Ende der 1950er Jahre artikulierte sich gegen diese subjekt-philosophische
Vormacht ein neuer Denkansatz, den man - vorschnell - unter dem Sammelbegriff
'Strukturalismus' subsumierte. Es war der Aufstieg der Humanwissenschaften,
die eine weltweite Breitenwirkung erzielten, die weit über die Fachgrenzen
hinausging: die Ethnologie mit Levi-Strauss, die Psychoanalyse mit Lacan,
die Wissenschaftsgeschichte mit Foucault, die Semiologie mit Barthes, die
Soziologie mit Bourdieu. Levinas, Derrida, Deleuze und Lyotard sprachen
im Gefolge in der Philosophie Fragen an, die so nicht gestellt worden waren.
In elf Beiträgen versuchen Forscher aus dem deutschen Kontext Bilanz zu
ziehen. Das spezifische Profil der einzelnen Denker wird vorgestellt, aber
auch die sehr konkreten Ausformungen, die diese Ansätze im Bereich der
Kunst, der Literatur, der Politik und der Ethik gefunden haben. Die hier
versammelten Beiträge sind gleichzeitig Belege einer schöpferischen Weiterführung
der Anregungen, die von den vorgestellten zeitgenössischen Denkern ausgingen.